Jahrbücher für Geschichte Osteuropas
Herausgegeben im Auftrag des Osteuropa-Instituts Regensburg
von Martin Schulze Wessel und Dietmar Neutatz
Band 58 (2010) H. 3, S. 422-422
Ante Gulin Hrvatski srednjovjekovni kaptoli. Loca credibilia Dalmacije, Hrvatskog primorja, Kvarnerskih otoka i Istre [Kroatische mittelalterliche Kapitel. Die loca credibilia von Dalmatien, Kroatischem Küstenland, Inseln von Kvarner (sic!) und Istrien]. Hrvatska Akademija Znanosti i Umjetnosti Zagreb 2008. 434 S., zahlr. Abb. ISBN: 978-953-154-809-0.
Das Wirken von Domkapiteln als Faktoren im religiösen Leben, in Politik und Wirtschaft gehört zu den strukturellen Gemeinsamkeiten für den gesamten Raum der Westkirche seit dem Hochmittelalter. Überall treffen wir auf die Ambivalenz, dass Kapitel und Bischof bzw. Erzbischof Interessen ihrer Kirche gegenüber der weltlichen Gewalt oder anderen geistlichen Akteuren gemeinsam vertreten oder dass sie als Rivalen erscheinen, die sich ihrerseits Verbündete suchen.
Vorliegender Band führt den ebensfalls von Ante Gulin zusammengestellten Katalog der Kapitel in Nordkroatien, dem mittelalterlichen Slawonien, fort (Ante Gulin Hrvatski srednjovjekovni kaptoli – Loca credibilia sjeverne i središnje Hrvatske. Zagreb 2001) und erfasst, von Süden nach Norden aufgezählt, Dalmatien im Sinne des 19. Jahrhunderts – also die Bucht von Kotor im heutigen Montenegro, die einstige Republik Dubrovnik und das venezianische Dalmatien (insgesamt 13 Kapitel), das Kroatische Küstengebiet mit den Inseln im Kvarner (4 Kapitel) wie auch Istrien (4 Kapitel). Schon hieraus wird deutlich, wie kleinräumig die kirchlichen Strukturen im Vergleich zu Mitteleuropa waren – letztlich eine Folge der Christianisierung schon in der Spätantike, als im Grundsatz jede Stadt Sitz eines Bischofs war.
Die Abschnitte zu den einzelnen Kapiteln sind einheitlich aufgebaut: Forschungsgeschichte, Gründung und innere Organisation, weitere Tätigkeit. Weitaus am ausführlichsten sind die Abschnitte zu den Erzbistümern Split und Zadar entsprechend der Bedeutung der dortigen Kapitel als Akteure. Hier werden auch die verschiedenen Funktionsträger innerhalb der Kapitel näher vorgestellt.
Wenn man nach Klammern fragt, die schon im Mittelalter die Küstengebiete und das Binnenland des heutigen Kroatiens verbunden haben, so kann man hier die Anerkennung von Kapiteln als loca credibilia (Singular: locus credibilis) nennen: Die von ihnen ausgestellten Urkunden galten als glaubwürdig. Diese Stellung gewannen die Kapitel zuerst in Ungarn und Slawonien, später übernahmen manche Kapitel auch in Städten der Küstenregion die Rolle von loca credibilia. In anderen Städten Dalmatiens blieb die Ausstellung von Urkunden ausschließlich in der Hand von Notaren. Auch in Istrien, dessen Bistümer ja dem Patriarchat von Aquileia unterstanden, blieb die Aufgabe der Beurkundung den Kapiteln fremd.
Die beiden von Ante Gulin vorgelegten Bände bieten ein wertvolles Hilfsmittel für die weitere Forschung, sei es länderübergreifend zur Rolle spätmittelalterlicher Kapitel, sei es zu verschiedensten Aspekten der Geschichte Kroatiens in Hoch- und Spätmittelalter.
Ludwig Steindorff, Kiel
Zitierweise: Ludwig Steindorff über: Ante Gulin Hrvatski srednjovjekovni kaptoli. Loca credibilia Dalmacije, Hrvatskog primorja, Kvarnerskih otoka i Istre [Kroatische mittelalterliche Kapitel. Die loca credibilia von Dalmatien, Kroatischem Küstenland, Inseln von Kvarner (sic!) und Istrien]. Hrvatska Akademija Znanosti i Umjetnosti Zagreb 2008. ISBN: 978-953-154-809-0, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas. Neue Folge, 58 (2010) H. 3, S. 422-422: http://www.dokumente.ios-regensburg.de/JGO/Rez/Steindorff_Gulin_Hrvatski_srednjovjekovni_kaptoli.html (Datum des Seitenbesuchs)